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Der Rosenstock, Wächter des Weinbergs


Von Anne
Winzerin im Wallis.
Ein Signal vor dem Gewitter
Lange dienten Rosenstöcke als «Wächter». Die Idee ist einfach: Der Rosenstock, empfindlicher als die Rebe, zeigt Krankheitszeichen schneller. Weiß werdende Blätter? Man denkt an Echter Mehltau (ein Pilz, der einen mehlig-weißen Belag bildet). Ölflecken nach dem Regen? Man fürchtet den Falschen Mehltau (ein anderer Pilz, eher bei mildem, feuchtem Wetter). Einen kranken Rosenstock zu sehen, verschaffte etwas Zeit, um den Weinberg zu schützen.
Bei uns, an den Walliser Hängen, ist ein Rosenstock, der nach drei Tagen Föhn und anschließendem Gewitter schlapp macht, eine klare Botschaft: Die Luft ist schwer, die Pilze sind aktiv. Man ist doppelt wachsam. Keine großen Theorien; ein flüchtiger Blick im Vorbeigehen genügt.
Wegweiser und Stoßfänger
Vor den Traktoren wurde mit Pferden gearbeitet. Der Rosenstock half mit seinen Dornen, die Linie zu halten: Das Tier schnitt die Kurve am Zeilenende nicht. Später wurde er zum visuellen Orientierungspunkt, um beim Abbiegen mit dem Anhänger den Pfahl nicht zu rammen. Einen Rosenstock sieht man von weitem. Einen Pfahl weniger.
- Beginn und Ende einer Zeile markieren
- Als natürlicher «Stoßfänger» dienen
- Bei der Orientierung auf Hangparzellen helfen
Auf unseren engen Terrassen hat dieses kleine, grüne Leuchtfeuer schon mehr als einmal eine Felge – und manchen Fluch – erspart.
Nützliche Schönheit: Nektar und Verbindung
Ein Rosenstock bringt auch mehr Leben. Er zieht Bienen, Marienkäfer, Schwebfliegen an: Verbündete, die manche Schädlinge natürlich regulieren. Und Hand aufs Herz: Es ist schön. Im Frühling setzen die Blüten Farbtupfer ins endlose Grün der Blätter. Besucher bleiben stehen, man kommt ins Gespräch, man probiert. Der Rosenstock stiftet Verbindung.
Es gibt auch die Tradition. In manchen Familien pflanzt man zur Geburt eines Kindes oder bei der Übernahme einer Parzelle einen Rosenstock. Ein kleines Totem am Zeilenende. Bei uns gibt es einen, der drei Generationen und so manche Lese erlebt hat.
Und heute – noch nützlich?
Wir haben Wetterstationen, Modelle, präzise Beobachtungen. Man wartet nicht mehr auf den Rosenstock, um zu handeln. Aber er bleibt ein einfaches Werkzeug, fast pädagogisch: Er zwingt dazu hinzusehen, die Luft zu fühlen, die Reben zu lesen. In einer Welt voller Sensoren erinnert er daran, dass die erste Technologie Auge und Hand sind.
Im Glas und trotz allem
Das nächste Mal, wenn Sie einen Weinberg durchqueren, werfen Sie einen Blick auf den Rosenstock am Zeilenende. Saubere Blätter, leuchtende Blüten? Ruhige Bedingungen. Geknitterte Blätter, Flecken, weißer Belag? Die Luft ist geladen, die Reben werden genau überwacht. Und wenn Sie ein paar Reben im Garten pflanzen (oder Tomaten), gibt Ihnen ein benachbarter Rosenstock Hinweise – und einen Strauß für den Sonntagstisch.
Im Grunde erzählen diese Rosenstöcke von unserer Art zu arbeiten: präzise, aber einfach, im Gelände verwurzelt. Zwischen Tradition und Pragmatismus. Wie ein guter Wein: geradlinig, ehrlich, mit einem kleinen Etwas, das im Gedächtnis bleibt, wenn die Flasche leer ist.